Archives Mai 2025

Lügen und falsche Narrative als Waffe gegen Israel

Patrick Nitzsche: Rede anlässlich des Israeltages der Deutsch-Israelischen Gesellschaft am 25.05.2025 in Bamberg:

60 Jahre diplomatische Beziehungen Deutschland–Israel

„Falsche Narrative werden von extremistischen Gruppen aktiv genutzt, um die öffentliche Meinung zu manipulieren – und das mit Erfolg.“

Wir veröffentlichen die Rede von Patrick Nitzsche, dem Antisemitismusbeauftragten der Stadt Bamberg auf dem Israeltag der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bamberg am 25.05.2025. Links im Bild der 2. Vorsitzende der DIG Bamberg, Jochen Lupprian.


Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde Israels,

es ist mir eine große Ehre, heute am Israeltag zu Ihnen sprechen zu dürfen.

Wir blicken heute auf 60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel zurück – eine Beziehung, die auf Verantwortung, Dialog und Freundschaft basiert.

Dies ist angesichts der deutschen und damit unserer eigenen Vergangenheit keine Selbstverständlichkeit. Die historischen Verbindungen zwischen dem deutschen Nationalsozialismus und islamistischen Strömungen sind gut dokumentiert. Bereits während des Zweiten Weltkriegs kooperierte das NS-Regime mit islamistischen Akteuren, darunter der Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, ein glühender Antisemit und enger Verbündeter Hitlers. Al-Husseini unterstützte nicht nur die antisemitische Propaganda der Nazis, sondern war aktiv an der Rekrutierung von muslimischen SS-Divisionen beteiligt. Diese ideologische Nähe erstreckte sich über Jahrzehnte, und ihre Nachwirkungen zeigen sich bis heute.

Yassir Arafat, langjähriger Führer der PLO, pflegte enge Kontakte zu ehemaligen NS-Kollaborateuren und machte sich antisemitische Narrative zunutze, um seine Politik zu legitimieren. Besonders im Nahostkonflikt wurden NS-Propagandastrategien adaptiert, um Israel als illegitimen Staat darzustellen und gegen jüdisches Leben zu hetzen. Diese historischen Verbindungen verdeutlichen, dass Antisemitismus kein rein europäisches Problem war, sondern global verflochten ist und bis heute in islamistischen Ideologien eine tragende Rolle spielt.

Während wir heute 60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel feiern, müssen wir auch die wachsenden Bedrohungen erkennen, die diese Partnerschaft infrage stellen. Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist der israelbezogene Antisemitismus, der sich in offenen und versteckten Formen zeigt. Dieser tritt nicht nur in der politischen Diskussion auf, sondern auch auf unseren Straßen – in Form von Hassparolen, verzerrten Narrativen und gezielten Lügen über Israel und das jüdische Volk.

Lügen und falsche Narrative als Waffe gegen Israel

Die Hamas und ihre Sympathisanten verfolgen eine klare Strategie: Sie verbreiten gezielt Desinformationen, um Israel zu delegitimieren und Hass gegen Juden zu schüren:

  • Die Behauptung, Israel begehe „Völkermord“ in Gaza, ist eine bewusste Verdrehung der Tatsachen. Israel verteidigt sich gegen eine Terrororganisation, die unschuldige Menschen als Geiseln hält.
  • Im vergangenen Jahr lag das Bevölkerungswachstum in Gaza bei 2% – Völkermord sieht anders aus.
  • Die Darstellung Israels als „Aggressor“ ignoriert die Realität: Den brutalen Angriff der Hamas am 7. Oktober, bei dem über 1.200 Menschen ermordet und Hunderte verschleppt wurden.
  • Die Gleichsetzung von Terror mit legitimer Selbstverteidigung ist eine moralische Bankrotterklärung, die den Opfern des Terrors ihre Menschlichkeit abspricht.

Diese falschen Narrative werden von extremistischen Gruppen aktiv genutzt, um die öffentliche Meinung zu manipulieren – und das mit Erfolg.

Dabei erleben wir eine gefährliche Allianz zwischen links- und rechtsextremen Kräften, die ihre ideologischen Differenzen beiseiteschieben, wenn es darum geht, Israel und das jüdische Volk anzugreifen.

Eine der hartnäckigsten und emotional aufgeladensten Fehlinformationen ist die sogenannte Nakba-Lüge – die Behauptung, Israel sei alleinverantwortlich für die Vertreibung und das Leid der Palästinenser nach der Staatsgründung 1948.

Es ist wichtig, die historischen Fakten klar darzulegen:

Die Nakba wird oft ausschließlich als Zitat „die Katastrophe der Palästinenser“ beschrieben, während die Realität weit komplexer ist.

  • Eine als solche empfundene Vertreibung war keineswegs das Ziel Israels, sondern eine direkte Folge des Kriegs, den fünf arabische Staaten unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung gegen Israel führten. Diese riefen arabische Menschen gezielt dazu auf, zu den Waffen zu greifen und Israel am Tag seiner Gründung zu vernichten. Die meisten sind diesem Ruf willentlich gefolgt und haben ihr Hab und Gut bewusst aufs Spiel gesetzt und – nun mal verloren.
  • Die arabischen Führer haben die arabische Bevölkerung gezielt ermutigt, das Gebiet zu verlassen – mit dem Versprechen, nach einem schnellen militärischen Sieg reich belohnt zurückkehren zu können. Es war keine systematische Deportation durch Israel, sondern eine Kombination aus Kriegsfolgen und politischen Entscheidungen arabischer Staaten und von „Zivilisten“.
  • Es wird zudem ignoriert, dass Hunderttausende Juden aus arabischen Ländern vertrieben wurden und ihr gesamtes Hab und Gut verloren, ohne dass man deren Leid als „Nakba“ bezeichnet hätte. In der Fachliteratur ist dies die „Vergessene Million“.

Diese Narrative werden jedoch bewusst benutzt, um Israel als einen Staat der „ethnischen Säuberung“ darzustellen – eine gefährliche Verzerrung, die Antisemitismus befeuert und als moralische Grundlage für antiisraelische Gewalt genutzt wird.

Die Bezeichnung Israels als „Besatzungsmacht“ im Westjordanland und insbesondere im Gazastreifen ist ahistorisch und kontrafaktisch, da sie die tatsächlichen politischen und rechtlichen Entwicklungen ignoriert. Seit 2005 ist Gaza nicht mehr unter israelischer Kontrolle – Israel zog sich im Rahmen der sogenannten „Gaza-Disengagement“-Politik vollständig aus dem Gebiet zurück, räumte alle Siedlungen und Militärstützpunkte und überließ die Verwaltung den Palästinensern. Dennoch wird Israel weiterhin fälschlicherweise als Besatzungsmacht dargestellt, obwohl die Hamas nach dem gewaltsamen Machtwechsel 2007 die alleinige Kontrolle über Gaza innehatte und keinerlei israelische Präsenz mehr existierte.

Im Westjordanland ist die Situation ebenfalls komplexer, als es der Begriff „Besatzung“ vermuten lässt: Die palästinensische Autonomiebehörde verwaltet große Teile des Gebiets selbst, und gemäß den Oslo-Verträgen gibt es eine abgestufte Kontrollstruktur mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten zwischen Israel und der palästinensischen Führung. Die Behauptung einer vollständigen israelischen „Besatzung“ ignoriert diese Abmachungen und die rechtlichen sowie historischen Gegebenheiten. Zudem blendet sie aus, dass das Westjordanland vor 1967 kein souveräner Palästinenserstaat war, sondern unter jordanischer Kontrolle stand – eine wesentliche Tatsache, die häufig unterschlagen wird.

Extremismus auf deutschen Straßen – Propalästinensische Demonstrationen als Plattform für Judenhass

Besonders alarmierend ist, dass dieser Hass nicht nur im digitalen Raum existiert, sondern sich auch auf deutschen Straßen manifestiert. In Bamberg und anderen Städten erleben wir Demonstrationen, die angeblich für die Rechte der Palästinenser eintreten, in Wahrheit aber eine Plattform für Antisemitismus und Gewalt bieten.

Wenn Teilnehmer, darunter deutlich Minderjährige, geschlossen in unseren Städten ungestört „Von Bamberg bis nach Gaza, Yallah Intifada“ skandieren, dann müssen wir die rhetorische Frage stellen:

Begreifen sie, was sie da rufen?

Der Begriff „Intifada“ ist kein friedlicher Ausdruck – er steht für Aufstände, die mit Terror und Mord an unschuldigen Menschen verbunden sind.

Die Beteiligung von Rechtsextremen, Menschen aus der sogenannten “Mitte der Gesellschaft” und wie in Bamberg besonders tonangebenden Linksextremen an solchen Demonstrationen zeigt, dass Antisemitismus keine politische Richtung kennt – er vereint Extreme in ihrem Hass auf Israel und das jüdische Volk.

Warum uns das alle betrifft

Diese Entwicklungen dürfen nicht als ein Problem der jüdischen Gemeinschaft oder Israels allein betrachtet werden. Sie betreffen uns alle:

  • Wenn Extremisten ungehindert Hass verbreiten, gefährden sie die Grundwerte unserer Demokratie.
  • Wenn Menschen in Bamberg zu Gewalt aufrufen oder aufgerufen werden, wird unsere Gesellschaft vor unseren Augen moralisch untergraben.
  • Wenn Lügen und Verzerrungen akzeptiert werden, geraten Wahrheit und Gerechtigkeit in Gefahr.

Deshalb rufe ich heute hier – an diesem bedeutenden Tag – alle Demokraten auf, sich entschieden gegen diesen Hass zu stellen:

Wir dürfen nicht schweigen!
Wir müssen den Lügen mit Wahrheit entgegentreten!
Wir müssen unsere jüdischen Brüder und Schwestern schützen und Solidarität mit Israel zeigen!

Die deutsch-israelische Freundschaft ist eine Errungenschaft, die es zu bewahren gilt. Lassen Sie uns gemeinsam für eine Welt kämpfen, in der Antisemitismus keinen Platz und „Nie wieder“ eine praktische Konsequenz hat.

Herzlichen Dank, Toda Raba, Am Israel Chai!


Danke Patrick.

Fotos: (c) Heinrich Kolb 2025 – wir danken für die Genehmigung

Israeltag der DIG Bamberg: 60 Jahre deutsch-israelische Beziehungen

Unter Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters Andreas Starke

Es sprechen:

  • Lisa Badum, MdB, Präsidium DIG
  • David Weissmann, Vorstand VISB
  • Patrick Nietzsche, Antisemitismusbeauftragter der Stadt Bamberg
  • Martin Mocker, Sar-El Volontär
  • Dr. Antje Yael Deusel, Liberale Jüdische Gemeinde Mischkan HaTfila Bamberg

Begleitet werden die Vorträge von den Ausstellungen Dream.Fracure (Batia Holin) und Coming Home Soon (Inbar Hasson).

Anmeldung erforderlich per https//gstoo.de/IsraeltagBA

Der 7.10. und der israelische Fußball

Vortrag von Oliver Vrancovic

Mittwoch, 14.05.2025, 18:30 Uhr
Fuchs Park Stadion Bamberg, VIP-Raum
Pödeldorfer Straße 180, 96050 Bamberg

Der 7. Oktober hat Israel erschüttert…

… wie spiegeln sich das Trauma des Judenmordes am 7. Oktober 2023 in Israel, der folgende Krieg und die Bedrohung im Alltag des multiethnischen und multikulturellen Staates wider?

Oliver Vrankovic, der einen Blog über israelischen Fußball betreibt, zeigt exemplarisch am Beispiel des israelischen Fußballs und der israelischen Fankultur auf, wie allgegenwärtig der 7.10. ist.

Hintergrund: Der 7. 10. ist in Israel ständig präsent und alles prägend. In der andauernden Geiselnahme findet die Grausamkeit ihre Fortsetzung und beschwört Bilder des Holocaust herauf. Das Versprechen “Nie Wieder!” wurde gebrochen. Der 7. Oktober ist für die Israelis nicht abgeschlossen und die Aufarbeitung eine schwierige Herausforderung. Ideologien wurden erschüttert und fest gepflegte Überzeugungen haben sich als falsch erwiesen.

Ein Schwerpunkt ist die Erörterung der Möglichkeit eines Neuanfangs für die israelische Gesellschaft, der durch das fortwährende Trauma, die wieder ausgebrochene Spaltung der Gesellschaft, die Undenkbarkeit eines Auskommens mit den Palästinensern und die großen Bedrohungsszenarien in der Region und der weltweite Antisemitismus eine große Herausforderung darstellt. An den Realitäten, die die Israelis zum Umdenken gezwungen haben, lassen sich auch von deutschen Medien und Entscheidungsträgern gepflegte Irrtümer aufdecken. Irrtümer, die es dringend zu vermeiden gilt.

Oliver Vrankovic wirft einen Blick auf den israelischen Fußball und die Fankurven als Beispiel für die schwierigen Herausforderungen des Umgangs mit dem 7.10. und dessen Aufbereitung sowie die Möglichkeiten des Neuanfangs.

Oliver Vrankovic hat die überfallenen Kibbutzim besucht, mit vielen Überlebenden, Angehörigen von Ermordeten und Gefallenen, mit Reservisten und Evakuierten gesprochen, über zivilgesellschaftliches Engagement berichtet und viele Diskussionen mit linkszionistischen Funktionären und Aktivisten geführt und über ein Jahr hinweg aufmerksam die Nachrichten, Expertenrunden und die Stimmung auf der Straße verfolgt und festgehalten.

Als Vorsitzender der DIG Stuttgart fragt er stetig danach, was die Aufgabe der deutschen Israelsolidarität in diesen Tagen ist.

Eine Veranstaltung der Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V.
Arbeitsgemeinschaft Bamberg
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